Montag, Oktober 30, 2006

Intellektuelles Geschwätz

Intellektuelles Geschwätz - Intellektualistischer Sprachstil als erfolgreich scheitende Einrichtung zur Erzeugung von Übersinn

Sonntag, Oktober 29, 2006

Geo Hacks

Unterhaltsamer Vortrag darüber, wie die Menschen über Jahrhunderte hinweg ohne Satelliten Kartographie betrieben haben.

Mittwoch, Oktober 25, 2006

Cohen

Ich werde immer mehr zum anscheinend größten Fan von jüdischer Comedy. Nachdem (nicht nur) ich dem Seinfeld-Clan verfallen bin (fast ausnahmlos Juden) und letztens den Briten Ian Stone mit großer Freude genossen habe, gestern nun das Eindringen in die Welt von Sacha Baron Cohen, alias Ali G, alias "Brüno", alias Borat:

Borat:
Auch sehenswert: Borats Homepage und die Homepage von Mahir Çağrı, die allem Anschein nach einer Menge Ideen für die Figur Pate stand (siehe auch Wikipedia)

Brüno:
Ali G:

Deutschtest: Vernäht und zugeflixt!

Deutschtest: Vernäht und zugeflixt!
Wer schafft mehr als 18 Punkte?

Erkältung

12 Monate war ich so gut wie erkältungsfrei. Ich hatte schon vergessen, wie sich das anfühlt. Davor bekam ich fünf Jahre lang immer öfter eine Halsentzündung, am Ende durchschnittlich alle 6 Wochen. Leider meist ohne Fieber und deshalb sehr langwierig. Teilweise 2 Wochen lang, mit ein bis zwei Rückfällen, wenn ich unvorsichtigerweise schon am Tag ohne Symptome wieder in den Normalzustand gewechselt bin.
Warum es mich immer wieder befällt, weiß ich nicht. Es fängt immer an den Seitensträngen an, jenem Teil des Lymph-Systems, der neben den Mandeln ist, und befällt dann den hinteren Rachenraum. Bleibt es unbehandelt oder spreche ich an dem Tag sehr viel, geht es die Luftröhre hinunter zum Kehlkopf. Dann wird es wirklich ärgerlich, da Schlucken dann mit einem hinunter wandernden Schmerz begleitet wird. In leichter Form bleibt es ein Kratzen im Hals und Schluckbeschwerden, doch oft kommt eine Form von "Dizziness" hinzu, die klares Denken unmöglich macht. Manchmal geht es in die Nebenhöhlen, dann schmerzt es, wenn man sich nach vorne beugt. Vereitern sie, kommt es zusätzlich zu mittlerem bis starkem Kopfschmerz. Dann braucht man ärztliche Unterstützung. Selten kommt eine Bronchitis dazu, dann wird es auch leicht fiebrig. Doch nur ganz selten entzünden sich die Mandeln und noch weniger werden sie eitrig - nur dann hat man es mit Bakterien zu tun, und nur dann hilft ein Antibiotikum. In allen anderen Fällen kann man den Körper zwar unterstützen, indem man zusätzliche Erreger aus dem Rachenraum fernhält, aber prinzipiell ist es eine Viruserkrankung, mit der nur das Imunsystem des Körpers fertigwerden kann (und muss). Würde er einen Fieberschub auslösen, wären die Viren in kürzester Zeit kaputt. Ohne Fieber kann es bis zu zwei Wochen dauern.
Hier eine Auflistung der Maßnahmen und Mittelchen, die sich als nützlich erwiesen haben:
  • Schlaf: "Einmal um die Uhr schlafen", heißt es. Schlafen hat bei mir nur selten geschadet und in den meisten Fällen eine erhebliche Verbesserung gebracht.
  • Tees: Verschiedene natürliche Nahrungsmittel enthalten antibakterielle Substanzen zum eigenen Schutz. Sie können dem Körper helfen, wenn sie als Tee verabreicht werden. Dazu gehören: Milch, Honig, Ingwer, Salbei. Meine persönlichen Favoriten sind frischer Ingwer, klein geschnitten, aufgebrüht und mit Honig versetzt, oder Honigmilch. Honig gilt heutzutage als wahres Wundermittel: Auf Wunden geschmiert, hilft er, den Heilungsprozess auf einen Bruchteil zu verkürzen - allerdings nur, wenn er nicht zu sehr behandelt wurde. Leider leidet Supermarkt-Honig an der Globalisierungskrankheit: Die meisten Honigmarken wie Breitsamer scheinen nur noch Marketingfirmen zu sein, die von einem großen globalen Honigtopf ihr Zeug einkaufen. Egal, wo man in Europa Honig kauft, meist stammt er "aus EG- und nicht-EG-Ländern", eine tautologische Aussage, der höchstens noch durch "aus EG- und südamerikanischen Ländern" eingeschränkt wird. In einem Bericht über Medihoney, einem speziell für Wundheilung behandelten Honig, wurde darüber berichtet, dass normale Honige ihrer wundheilenden Funktion beraubt worden seien, durch Pasteurisieren o.ä. Was davon Wahrheit und was PR des Honigherstellers ist, weiß ich nicht. Am besten scheint es mir, lokalen und möglichst naturbelassenen Honig zu kaufen, z.B. "Honig aus Söcking" im Bioladen.
  • Ballaststoffe: Beim Essen wirken sie als Schaber, die die Halswand ein Stück weit von Erregern befreien.
  • Vitamine: Jeder sagt, Vitamin C würde sehr bei Erkältung helfen. Ich persönlich habe dies noch nie direkt beobachtet, vielleicht aber auch, weil man es wenn, dann immer mit anderen Maßnahmen kombiniert. Grundsätzlich nimmt man durch gesunde Ernährung wahrscheinlich schon genug Vitamine auf, als dass zusätzliche Darreichungen noch viel bringen würden.
  • Ruhe: Das Stresshormon Cortisol wird als Immundämpfer. Die Ausschüttung von Cortisol sollte daher vermieden werden, indem man sich in eine stressarme Umgebung begibt. Leider ist auch geistige Arbeit eher hinderlich. Ich tendiere dazu, fernzusehen, zu lesen oder an diesem Blog zu schreiben, während ich im Bett liege.
  • Zink: Ein Spurenelement, von dem wir eher zu wenig aufnehmen. Kann lokal die Entzündung hemmen, wenn es über eine Lutschtablette aufgenommen wird
  • Selen: Noch so ein Spurenelement. Zink und Selen soll man zu unterschiedlichen Tageszeiten einnehmen, hat mir ein Arzt gesagt, weil ihre Wirkung sich gegenseitig abschwächt.
  • ASS/Aspirin: Hemmt die Entzündung und sorgt für besseren Blutfluss, wodurch (meiner Laienweisheit nach) die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Antikörper/weiße Blutkörperchen am Hals ihre Arbeit verrichten.
  • Echinacea stärkt die Abwehrkräfte und kann auch lokal als Sprühdose auf den Hals aufgetragen werden. Ob das wirklich hilft, kann ich allerdings nicht sagen.
  • Jod ist ein ganz gutes Mittel zum Gurgeln alle paar Stunden. Das Produkt heißt Betaisodona und hat bei mir schon oft deutliche Linderung, wenn auch nicht Heilung, bewirkt. Der Jodschock ist natürlich nicht so toll für die Schilddrüse, man sollte es also nicht übertreiben.
  • Schließlich gibt es noch ein Sprühmittel, dessen Name mir gerade entfallen ist. Das ist pure Schulmedizin, ein chemischer Wirkstoff, der lokal antibiotisch wirkt, aber das letzte Mittel, wenn sich die Entzündung in Richtung Luftröhre bewegt.
  • Da langes Liegen dem Kreislauf schadet und das die Heilung aufhält, hat sich bei mir leichter Sport am Ende der Erkrankung oder bei ersten Anzeichen als außerordentlich hilfreich erwiesen. Hier muss man aufpassen, weil dies Berichten nach zum Übertritt von Viren aus den Schleimhäuten (Hals, Darm) in die Blutbahn und dann zum Einnisten in den Herzmuskel führen kann - mit bis zu tödlichen Folgen. Aber das ist wohl nur der Fall, wenn man sich bei einer akuten Erkrankung dem Leistungssport hingibt. Leichter Sport heißt: Erhöhung der Herzfrequenz, aber kein Verausgaben. Nicht zu lang, nicht zu kurz. Bei 70% der Leistungsgrenze. Sport härtet ab: Selbst in der Zeit, wo ich sehr oft krank war, hatte ich in den zwei Wochen nach einem Skitag keine Probleme. Normalerweise ist es am Tag nach dem Sport etwas schlechter, um danach für einige Zeit (mindestens eine Woche) auf ein höheres Level zu kommen. "Mein" Sport (Skifahren) hat außerdem den Vorteil, dass man in nahezu keimfreier Umgebung seine Lunge durchpustet und von allerlei Dreck befreit. Sport als Ausgleich und Entspannung senkt auch den Stresszustand und wirkt daher therapeutisch, solange Abnützung und Erschöpfung nicht überhand nehmen. Auch gut: Tanzen. Nur, dass verrauchte Räume, die Erreger anderer Leute und Schwitzen hier eher kontraproduktiv wirken.
  • Kleidung: Wollsachen in der Wohnung haben sich für mich als kontraproduktiv erwiesen, zumeist kommt es zu Hitzestau, was der Genesung stark abträglich ist. Hier lieber Baumwolle und einen guten Schal.
  • Salben: Auf die Brust aufgetragen. Damit habe ich in den letzten Jahren keine Erfahrung gemacht.
  • Wasser: Viel Trinken, ständig Tees in Reichweite. Sorgt für das Ausspülen von Stoffen und verhindert eine Schwächung des Immunsystems durch Flüssigkeitsmangel
  • Schließlich, der psychische Faktor: Ich habe es erlebt, dass sich innerhalb von 1 bis 2 Stunden eine deutliche Verbesserung ergeben hat, wenn ich mich mit Haut und Haaren dazu entschlossen hatte, gesund zu werden. In anderen Fällen hat es nicht funktioniert, z.B. wenn die Krankheit gerade erst ausgebrochen war.
Überhaupt keine Wirkung (mehr) haben bei mir homöopatische Mittel oder Meditonsin. Dafür weiß ich wahrscheinlich zu viel, und bin wahrscheinlich zu sehr wissenschaftlich beeinflusst, so dass der Placeboeffekt nicht mehr eintritt.

Vorbeugung: Ich kann nur jedem empfehlen, den Körper gegenüber Temperaturschwankungen zu stählen. Der Mensch ist im Prinzip darauf eingerichtet, ohne Heizung zu leben. Für mich persönlich war die Einführung einer täglichen Stimulation des Immunsystems durch kalte Duschen der Ausweg aus meinem ständigen Krankheitszustand. Auch Bewegung in kalter Umgebung macht Sinn, solange man nicht einfriert und sich danach mit einem heißen Tee wieder aufwärmt.

Dieses Mal war es leider wieder so, dass ich ein leichtes Kratzen im Hals gespürt und nicht darauf reagiert habe. Ich war mit einem Problem beschäftigt, dass mich so gefesselt hat, dass ich nicht gemerkt habe, wie ich eingefroren bin. Das ist seltsam: Da sitzt man dann am Rechner, reibt sich die frierenden Füße, aber kann sich nicht davon losreißen. Vielleicht klappt es nächstes Mal, wenn man sich klarmacht, dass sich in der Zeit von 15 bis 20 Uhr die Viren wahrscheinlich alle halbe Stunde verdoppelt haben. Das entspricht einer Vertausendfachung in fünf Stunden.

Montag, Oktober 23, 2006

Kulturkampf

In einem - zugegeben nicht ganz objektiven - Artikel in Spiegel Online wird u.a. diskutiert, warum Religionen in allen Kulturkreisen erfolgreich sind:

"Gerade die Gehirne von Kindern seien für religiöse Inhalte besonders empfänglich, glaubt Dawkins: Sprösslinge, die ihren Eltern brav gehorchen, haben demnach einen Vorteil in der natürlichen Auslese. Folglich seien Kleinkinder von Natur aus darauf programmiert, elterliche Anweisungen nicht weiter zu hinterfragen. Dawkins schreibt: "Das Kind kann nicht wissen, dass 'Paddel nicht im krokodilverseuchten Limpopo-Fluss' ein guter Ratschlag ist, dass aber 'Du musst eine Ziege bei Vollmond opfern, da sonst der Regen ausbleibt' bestenfalls eine Verschwendung von Zeit und Ziegen ist." Die Empfänger des widersinnigen Ratschlags gäben diesen später an die eigenen Kinder weiter.

Die Folge dieser Unsinnslawine: Die mit religiösem Gedankengut infizierten Menschen sind mit rationalen Argumenten kaum mehr zu erreichen und kennen keine Selbstzweifel mehr. "Die Vermessenheit tiefreligiöser Menschen", urteilt Philosoph Dennett, "ist die gefährlichste Sache in der heutigen Welt.""

Gartner Hype Cycle

Gartner analysiert seit einiger Zeit den Hype Cycle im IT-Bereich. Hier eine Grafik, an welcher Stelle in diesem Cycle verschiedene Technologien im Jahr 2005 waren.

Dienstag, Oktober 17, 2006

Das Verschwinden der Armut

Richard Tomkins schreibt in einem intelligenten Artikel in der Wochenendbeilage der Financial Times: Die Renditen der Globalisierung kommen zwei Gruppen zugute: Den Reichen und Superreichen und den Armen und Superarmen. Der große Verlierer ist die Mittelschicht. Warum?
Die Reichen gewinnen, weil die Einkünfte aus dem Kapital steigen: In allen westlichen Industrieländern fahren Unternehmen Rekordgewinne ein, die Aktienkurse steigen etc. Nach aktuellen Zahlen (wir hatten diese Diskussion schon weiter unten) verbleiben bei den 20% der reichsten Amerikaner 50,4% des Einkommens.
Normalerweise müssten die Unternehmen jetzt einstellen. Warum verbleiben Arbeitnehmergehälter wie in einer Rezession? Wie kann es sein, dass Sozialsysteme abgebaut werden?
Früher wurde Kapital in westlichen Industrienationen an westliche Arbeit gebunden. Kapital war immobil. Heute fließt es an die Orte mit den billigsten Löhnen. Das nützt den Eignern ebenso wie den Armen, die nun an bessere Jobs kommen. Den Arbeitnehmern nicht.
Eine sehr einfache Erklärung: Allein durch die Marktöffnung von China und Indien sind fast 1,5 Milliarden Arbeitnehmer auf den Markt gekommen, während diese Märkte kaum Kapital eingebracht hätten. Das Angebot an Arbeit hat also zugenommen, während das an Kapital gleichgeblieben ist. So muss durch Angebot und Nachfrage der Zins, der Preis des Kapitals, steigen, während die Löhne stagnieren.
Dazu kommt, dass die neuen Wirtschaftssysteme jede Menge Akademiker auf den Markt bringen. Länder wie China verdoppeln derzeit ihren Output an Akademikern. Gleichzeitig wird durch Telekommunikation das Offshoring erleichtert. Oder, viel wichtiger, wie Tomkins argumentiert: Die Androhung von Offshoring. Die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer wird geschwächt, weil eine glaubwürdige Drohkulisse aufgebaut werden kann, Teile des Unternehmens zu verlagern.
Ein weiterer Punkt: Zwar sind die Preise für Konsumgüter wie Computer oder Hifi-Geräte gesunken, gleichzeitig steigen jedoch Energiepreise durch die höhere Nachfrage nach Rohstoffen. Da läuft also eine Umverteilung von Industrieländern in energieerzeugende Länder.
Das Ganze wird ein Ende haben - wenn die Löhne etwa in China weiterhin steigen, werden sie in 40 bis 50 Jahren das Niveau der westlichen Länder erreicht haben, und ab dann sollten auch diese wieder ansteigen.
Fazit: Globalisierung erzeugt derzeit eine riesige Umverteilung von Reichen zu Armen, von Arbeit hin zum Kapital, von Arbeitnehmern zu Konsumenten und von Energiekonsumenten zu Energieproduzenten.
Nach einer etwas weniger fruchtvollen Diskussion über den Bedarf an globalen Sozialstandards zeichnet Tomkins folgendes Szenario: Hätten Politiker folgendes Angebot gemacht - wären wir darauf eingegangen?
"Together we are going to end world poverty. In order to achieve this, we are going to ask you to accept a pay freeze for as long as it takes for the wages of workers in the developing countries to catch up, which we estimate will be about half a century. Until the adjustment is complete, the reduction in labour costs will produce the side effect of extraordinarily high profits for companies, enriching many who are already among the richest. So there will be winners an dlosers. The bad news is hat you the ordinary, middle-class employees of the west, will be losers and everybody else will be winners. But the good news is, your sacrifice will make poverty history."

Montag, Oktober 16, 2006

Kurze London-Notizen

Was fällt auf?
1. Es gibt eine Passkontrolle. Ich wusste kaum mehr, dass es so was noch gibt. Von der Organisation her fast wie in den US, außer dass man keine Schuhe ausziehen muss.
2. The little differences: Die Aufputz-verlegten Kabel, die Einrichtungen, die viel mehr nach USA aussehen, immer etwas billig und schlecht verlegt. Die Leute stellen sich links an und gehen auf der linken Seite. Auf der Rolltreppe steht man trotzdem rehts.
3. Die Menschen: Lauter Inder und Schwarze. Insbesondere die vielen Inder sind ein ungewohnter Anblick. Die Menschen schwatzen miteinander in der UBahn, auch wenn sie sich nicht kennen. Mehr Emotion in den Gesichtern.
4. Die Tube: Die Bahnhöfe scheinen immer zwischen "kurz vor der Fertigstellung" und "kurz vor dem Abriss" zu sein. Die Service-Meldungen am Eingang - süß. Außerhalb der Rush Hour extrem angenehm: Zug kommt nach einer Minute, freier Sitzplatz. Witzige, winzige Sitzbänke mit weichem Polster und wenig Beinfreiheit.
5. Die Werbungen - kreativer. Nur ein bisschen. Ein Gewinnspiel, für das man sein Handy an einen, wie nennt man das, Respirator, Akzeptor, Infrarot-Empfänger halten muss, was auch immer, mitten auf das Plakat geklebt, rot leuchtend und im Kreis sich drehend. Sicher nicht billig.
6. Die Backsteinbauten mit ihren Aufschriften aus dem vorletzten Jahrhundert. Die Pubs und Geschäfte mit ihrer kalligraphischen Bemalung. Die Tradition wird hier nicht nur gelebt, sie wird geatmet.
7. Die - teilweise - fantastische moderne Architektur. London kennt wohl viele Bausünden, wie das Barbican, ein Gasteig der 60er, Heimatstatt des London Symphony Orchestra, eine betongewordene Ödnis, im Grau der Sozialwohnungen gehaltene Utopie. Doch immer noch schöner als das Olympiadorf. Aber das Lloyds-Building kann mich begeistern, oder die "Gurke", ein konischer Bau, sicher irgendeine stahlgewordenene mathematische Formel von starker Klarheit und wahrscheinlich mittelmäßiger Praktikabilität. Oder, nicht weit davon entfernt, das Chaos der Brick Street, ein Stück London aus der Zeit Jack the Rippers, zwischen grasüberwachsenen Gleisrelikten ein riesiger Flohmarkt am Sonntag, abends wohl Ausgehviertel, wenn man indische Currys mag. Die Stadt lebt, verändert sich, entwickelt sich, anders als München, das architekturmäßig nur zurückschaut und sonst Opfer ist von Immobilien-Developern mit Architektur von Stange und Baumarkt.
8. Kaffee. Ich war gekommen, um Tee zu trinken. Die Tatsache, dass nur noch in einigen Nobelhotels der Fünf-Uhr-Tee noch zelebriert wird, hat an meinem Selbstverständnis genagt. Seit 10 Jahren ist in London das Fieber ausgebrochen. Zunächst die Starbucks-Filialen allerorten, die sich schon bei meinem letzten Besuch im Mai 1999 finden ließen, heute jedoch an jeder Straßenecke einen willkommenes Ersatz für ein öffentliches WC darstellen. Lokale Ketten, die anders heißen, aber genauso aussehen und schmecken. Und dann ein kleines Paradies mit Namen "Flat White", der beste Caffè Londons. Flat White, die neuseeländische (!) und in Australien populäre Variante des Capuccinos, von frustrierten Kiwis exportiert. Genial - während Capuccino für Beliebigkeit steht, gleichermaßen für die perfekte Variante wie die gemeine Plörre, war der Ausdruck "Flat White" noch unbefleckt und wurde hier neu belegt als Synonym für perfekten Cappuccino: ein rassiger Kaffee, perfekt eingestellte Maschien und ein geschultes Barista-Team. So muss es sein. Da zahlt man gern den Preis von £2,20, schlappe €3,30, DM 6,60.
9. Jüdische Comedy. Ist einfach am Besten, siehe Seinfeld. Auch wenn man als Deutscher natürlich sein Fett wegkriegt. Oder als Iraner. Umso schöner, wenn beide Spezies in der ersten Reihe im Comedy Club sitzen. "I have nothing against the Germans. Ok, I miss my grand parents... well, actually, I don't miss them that much..."
10. Die Restaurant-Kultur. Kein Laden, der was auf sich hält, der nicht von einem Designer durchgestylt wurde. Fast unzählbar viele Restaurants. Man bräuchte Monate, um sich einen Überblick zu verschaffen. Neue englische Küche, auf internationalem Niveau. So verschafft nur der Geldbeutel zu Demut und Bescheidenheit. Und verlegt den großen Restaurant-Test auf das nächste mal.
11. Soho. Ich habe seit Jahren einen Tagtraum gehabt, wo ich irgendwo am Rand eines dichten Viertels stehe und zum ersten Mal im Leben einen Starbucks betrete. Seit Jahren habe ich mich mit der Frage gequält, wo das war. Es war Soho. Ich habe noch viele Erinnerungen, die sich komischerweise nur bruchstückhaft geben: Das Studentenwohnheim im Süden, ich vermute, irgendwo hinter der Station "Elephant & Castle", mit "strikter Tür", echt britischem Frühstück, inklusive Fließband-Toaster und in Fett triefenden Würsten, die dunkle Erinnerung an den Besuch eines Comedy Clubs (oder war das Washington?), die genaueren Erinnerungen an Greenwich und Camden Town, die wiederum dunkle Ahnung eines Parks mit Blick auf die Stadt (war das Hampstead?) und dunkle Erinnerungen an China Town und den Leicester Square, die ich nun zur Genüge auffrischen konnte.
12. Nochmal die Tube. Wahrscheinlich einzigartig auf der Welt. Obwohl alle Londoner darüber schimpfen, als Tourist ist sie nachgerade genial. Ok, 18 Pfund für 3 Tage sind nicht wenig, aber dafür fährt man auf einem Streckennetz von 4500 km Länge, das ist 3,5 mal Berlin und zurück, und alle drei Minuten kommt ein Zug. Ein irre großes Netz. 13 U-Bahnlinien. Ein wahrscheinlich nochmal so irres Netz an Bussen, die in einer ständigen Reihe, wie an einer Perlenschnur gereiht, die großen Hauptachsen der Stadt durchschneiden.
13. Heathrow. Ein hassenswerter Ort. Da baut man einen Express-Zug, und man geht dann ungefähr so lang zum Terminal, wie die gesamte Zugfahrt dauert. Der Zug lässt mich erstmals ein wenig am Transrapid-Projekt für München zweifeln, denn 27 Pfund, 40 Euro, für das Return-Ticket für eine bessere S-Bahn sind nicht gerade ein Schnäppchen. Dann nochmal 4 Kilometer durch den Flughafen wandern. 40 Minuten anstehen am Sicherheits-Check. Sechs Röntgen-Geräte, doch nur vier besetzt. Ich habe mich diebisch gefreut, ihnen bei den Gels (seit einem Incident vor zwei Monaten streng verboten) mit einer angebrochenen Zahnpastapackung ein Schnippchen zu schlagen. Der Münchner Airport mit seiner großzügigen Bauweise ist ein Genuss. Heathrow wirkt dagegen wie die Gängen von der Klinik in Großhadern.
14. Der Unterschied zwischen East- und West-End. Im Express-Zug von Paddington hört man geschliffenes Oxford-English, das Tennisplatz-Englisch der Leute aus Chelsey und Notting Hill, doch an anderen Plätzen der Stadt hört man diesen genialen Slang der Working Class und der Unterwelt, wie er in "Snatch" so genial portraitiert wurde.
15. München. Nach sechs Stunden in Zügen und anderen röhrenförmigen Gebilden wirkt es nur wie ein Vorort, der nach einer langen Tube-Fahrt erreicht ist. Am Flughafen die Reste von Zigarettenrauch. Alles ist ruhig. Noch ein airbräu-Bier, für lächerliche 1 Pfund 30. Drinnen nur Ossis an der Bar, wahrscheinlich Pusher und Gepäck-Transporteure. Die Polizisten auf dem Heimweg, mit abgesetzter Mütze. Sie werden von den Kontrolleuren ignoriert (darf man als Polizist schwarz fahren?). Nach exakt 5 Stunden von Paddingten dreht sich der Schlüssel im Schloss.

Mittwoch, Oktober 11, 2006

Neues Information Retrieval Buch

Manning, Raghavan und Schütze haben ein neues Buch über Information Retrieval geschrieben, das 2007 erscheint, aber bereits in einer vorläufigen Version online ist (und bleiben wird). Neben Indexvarianten, Kompression und Ranking werden auch Themen behandelt wie XML Retrieval (Strukturiertes Retrieval, müsste man eigentlich sagen - warum denkt da eigentlich jeder an XML? Es gibt viel reichhaltigere Datenstrukturen), Support Vector Machines, Clustering und Web Search. Wird dieses Buch genauso Standard werden wie "der" Manning/Schütze?

Samstag, Oktober 07, 2006

Using Statistics to Search and Annotate Pictures

Ein Typ von der University of Santa Barbara stellt in diesem Video seine Arbeiten im Bereich Bildsuche auf Basis von Text- als auch von Bild-Queries vorgestellt. Beruhigend zu sehen, dass nach einem Semester Kursvorbereitung die Statistik-Inhalte zu 95% klar werden. Den Rest kann man in Duda, Hart, Stork nachlesen.

Freitag, Oktober 06, 2006

White & Nerdy

Verdammt, so weit ist unsereins davon nicht wirklich weg :-)

Offtopic: Espresso Porn

Sehenswert... Espresso Porn
In Amerika sind "Naked Portafilter" scheinbar der letzte Schrei...