Samstag, März 10, 2007

CO2 Rechner

Nachdem in England bereits im Oktober die Medien voll waren von Artikeln der Art "Are you carbon-friendly?" haben jetzt auch die Zeitungen bei uns von Berichten über Kohlenhydrate auf Kohlenstoffe umgestellt. Wer hätte vor einem Monat gewusst, wieviel Kilo CO2 ein Auto erzeugt? Ich hätte zu dieser Zeit noch gesagt, "Wieso? Es ist ein Gas! Es wiegt doch nichts!" Weit gefehlt! Mittlerweile weiß ich: Mein Auto erzeugt wahrscheinlich 200 g CO2 pro Kilometer. Eine Kilowattstunde Strom liegt bei 550 Gramm. Und wenn man nach Shanghai und zurück fliegt, werden gleich 6 Tonnen davon fällig, pro Person wohlgemerkt. Wohl dem, der an die Ostsee fährt, zu sparsamen 35 Kilo.
So hat man wieder ein Panikthema, ein Thema, mit dem man sich schlechtes Gewissen machen und sorgenvolle Diskussionen führen kann. Ein kleiner Hinweis: Zur Zeit ist wieder die Vogelgrippe im Umlauf! Haben Sie's gewusst? Vor ein paar Wochen brach sie in Moskau aus, in England gab es einen Alarm, in Nigeria starb eine Frau - doch im deutschen Blätterwald ging das Thema unter. 14 Artikel gab es seit Anfang Januar dazu auf Spiegel online. Doch zum gesellschaftlichen Thema hat es nicht gereicht. Wer kann sich noch an letztes Jahr erinnern, wo jeder einzelne tote Vogel zu einer Meldung in der Tagesschau geführt hat? Wo man auf Spaziergängen im Park plötzlich H5N1-Warnungen an Bäume gepinnt vorfand? Da fragt man sich doch: Wo ist hier die Wahrheit? Wieviel von der Panik von letztem Jahr hätte man in dieses Jahr überführen müssen, um der realen Gefahr einen jeweils angemessenen Wert zukommen zu lassen?
Doch dies sind nicht die Kriterien für journalistische Arbeit. Ginge es darum, über Gefahren zu informieren, sollte man über viel Naheliegenderes berichten: Zum Beispiel sind im Englischen Garten etwa 30% der Zecken mit dem Borreliose-Bakterium infiziert. Bei etwa 10% der Zeckenbisse wird diese auf den Menschen übertragen und können die sogenannte Lyme-Krankheit übertragen. Die wird mittlerweile als die moderne Form der Syphilis bezeichnet - wird sie nicht kuriert, kann sie chronische Nervenentzündungen und Lähmungen hervorrufen. Dank der milden Witterung dürfen wir uns darauf gefasst machen, dass wesentlich mehr der ärgerlichen Parasiten dieses Jahr überlebt haben. Im Spiegel ist aber nur eine einzige Notiz über die Vermehrung von FSME zu lesen, einem Erreger von Hirnhautentzündung, der auch über Zecken übertragen wird, aber etwa 500 mal seltener vorkommt.
Und was die CO2-Panik betrifft, fehlt mir im Moment der Bericht über den Zustand der CO2-Verbraucher. Wieviel CO2 verbraucht eigentlich ein Baum? Um wieviel steigt die Erdtemperatur denn durch Abholzung? Welchen CO2-Wert hat also ein Teak-Holz-Tisch? Kann man einen Trade-Off machen - ein Steak gegen einmal weniger Rasen mähen? Kein schlechter Deal, nicht?? Überhaupt, Bewegungsmuffel sind ökologisch im Vorteil: Wer Sport treibt, braucht mehr Sauerstoff, und wird am Ende noch ein Fleisch essen, aus Argentinien vielleicht. Wieviele Bäume muss man pflanzen, um das auszugleichen? Wobei - so ganz verstanden habe ich die Rechnung mit den Rindern nicht - brauchen die fossile Brennstoffe? Wenn nein, ist das Methan, das sie über ihre Verdauung emittieren, nicht vielleicht genau so viel Wert wie die Pflanzen, die sie gefuttert bekommen? Und am Ende: Vielleicht sollten wir das mit dem Kindergeld auch mal überlegen - ein Kind zu zeugen ist schließlich ökologischer Wahnsinn: Ein Menschenleben liegt bei mindestens 800 Tonnen CO2!
Wer jetzt Nahrung für sein schlechtes Gewissen braucht, kann bei verschiedenen Tests jetzt Klarheit über seine Freveleien erhalten: Da wäre der Test des Bayerischen Landesamtes für Umwelt oder der von Quarks und Co. Und ansonsten: Ruhe bewahren und möglichst nicht bewegen!